Klein und intensiv
Corona war bei der Auftaktveranstaltung der neuen Förderphase der Stärkenberatung bereits präsent. Anfang März war noch keine Kontaktsperre ausgesprochen worden, kleinere Veranstaltungen mussten noch nicht abgesagt werden. Wir hatten viele Zusagen, doch so manche*r Teilnehmer*in wollte dann doch lieber nicht dabei sein – völlig verständlich.
In kleiner, aber durchaus intensiver Runde startete das Projektteam den Samstag mit einer kurzen Aufwärmphase (Methode Standbild): Die Teilnehmenden positionierten sich im Raum zu den Themen, für die sie sich am meisten interessieren - vielfach Interessierte setzten sich und ihren Körper sehr gut ein.
In einer weiteren Methode (Musikstühle) fanden sich nach einem Tänzchen im Raum jeweils zwei Personen auf gegenüberstehenden Stühlen zusammen. Eine Aussage zum Thema Diskriminierung wurde verlesen. Die Teilnehmenden hatten jeweils eine Minute lang Zeit, darüber zu sprechen, während ihr Gegenüber zuhörte – nach einer Minute wechselten die Rollen. Hiernach wurde wieder ein wenig getanzt und eine neue Frage gestellt.
Eine spannende Herangehensweise, die auf vielerlei Ebenen herausfordernd sein kann und in der Auswertung zu einem interessanten Meinungsaustausch führte.
Das Projekt und sein Netzwerk
Nico stellte sodann das Projekt im Kontext der beteiligten Netzwerke vor. Die NaturFreunde-Landesverbände und die Zusammenhalt-durch-Teilhabe-Projekte in Deutschland sind wichtige Partner*innen, mit denen wir intensiv zusammenarbeiten. Einblicke gab es auch in die bisherige Arbeit der Stärkenberatung: 27 ausgebildeten ehrenamtlichen Stärkenberater*innen berieten und moderierten schon vielfach. Natürlich geht es weiter mit unserer Arbeit, derzeit digital. Ab Herbst dann (hoffentlich) wieder in persona: Dann startet die neue Ausbildungsrunde der Stärkenberatung.
FARN – Fachstelle für Radikalisierungsprävention im Naturschutz
Christian Joks verteilte Zitate, die die Teilnehmer*innen zeitlich und thematisch einordnen sollten: Ist es eine „grüne“ oder ein „braune“ Aussage und aus welcher Zeit könnte diese sein? Bei der Auswertung wurde deutlich, dass alle Aussagen aus einem rechtsgerichteten Kontext stammen und doch einige Übereinstimmungen mit grünen Überzeugungen aufweisen. Eine Erkenntnis, die intensiv diskutiert wurde – vor allem, als es um die umstrittene Anastassia-Bewegung ging. Gefragt wurde, wie wir als NaturFreunde mit dieser Beobachtung umgehen können. Wie können wir uns abgrenzen, wenn es scheinbar Überschneidungen gibt? Letztlich gilt: Genau hinschauen, recherchieren und nachfragen sowie sich deutlich von völkisch-nationalistischen Ideologien distanzieren.
Die Reise ins Reich: Unter Reichsbürgern
Tobias Ginsburg eröffnete seine Lesung mit den schrecklichen Ereignissen in Hanau. Als er das Manifests des Attentäters Tobias Rathjen las, fühlte er sich erinnert an die Denkweisen und Vorstellungen einiger Reichsbürger*innen, bei denen er mehrere Monate lang unerkannt lebte. Er traf Esoteriker*innen, AfD-Mitglieder und Querfrontler, aber bei weitem waren es nicht nur abstruse Gestalten, die nicht mehr in unserer Gesellschaft leben – vielmehr sind diese Ideen mitten in der Gesellschaft angekommen.
Tobias Ginsburg studierte Dramaturgie, Literaturwissenschaft und Philosophie. Er schreibt und inszeniert Theaterstücke seit seiner Studienzeit. Als Autor und Regisseur debütierte er mit dem Stück Vergewaltigt. Sein Stück Nestbeschmutzung premierte in der Reaktorhalle München. Für eine weitere Arbeit erhielt er zusammen mit Daphne Eber den Jugendstückepreis 2015. Er war Fellow des Hanse-Wissenschaftskollegs und ist Gründungsmitglied der Theatergruppe Fake to Pretend.